Artikel vonJens Priewe vom 21. Juni 2018
Der Margarethenhof in Forst gehört nicht zu den prominenten Weingütern der Pfalz. Doch er ist in den besten Lagen begütert. Jens Priewe trank seinen Riesling aus dem Jesuitengarten – und sagt: Chapeau!
Der Jesuitengarten in Forst – das ist keine Grünanlage, in der fromme Ordensbrüder lustwandeln, sondern ein Weinberg. Er liegt in der Pfalz. Genauer: in der Gemeinde Forst, die wiederum zu Deidesheim gehört, dem für Pfälzer Verhältnisse mondänsten Weinort des Bundeslandes Rheinland-Pfalz. Der Weinberg umfasst 6,84 Hektar – ist also von sehr überschaubarer Grösse. Aber weil der Riesling dort so gut wird, ist der Jesuitengarten weltberühmt.
Das Geheimnis des Jesuitengartens: der Boden
Er beginnt direkt hinter den alten Buntsandstein- und Fachwerkhäusern, die die Hauptstrasse von Forst säumen, und zieht sich dann den Hang hoch bis zum Pfälzer Wald. Die Hangneigung beträgt nur 4 bis 7 Prozent – nicht viel im Vergleich zur Mosel. Doch die Pfalz ist wärmer als die Mosel. Die Rebe reift hier auch ohne 90° Einfallswinkel zur Sonne. Die Fachleute machen die Bodenzusammensetzung für die ausserordentliche Exquise des Weins verantwortlich: sandiger Lehm mit Kalk und – als i-Tüpfelchen – dunkles Basaltgestein. Es sorgt dafür, dass der Riesling, der dort wächst, neben der Frische eine mineralische Note bekommt.
Zweitbeste Pfälzer Lage nach der Klassifikation von 1828
Bei der königlich-bayerischen Lagenklassifikation von 1828 wurde der Jesuitengarten – damals noch im Besitz des Jesuitenordens in Neustadt an der Weinstrasse – am zweithöchsten von allen Pfälzer Lagen bewertet, gleich nach dem benachbarten Kirchenstück (das manchmal als Montrachet des Rieslings bezeichnet wird). Bassermann-Jordan, von Winning, Acham-Magin, Georg Mosbacher, Reichsrat von Buhl, Bürklin-Wolf – die berühmtesten Weingüter der Mittelhaardt, wie die nördliche Pfalz genannt wird, haben Rebenbesitz im JesuitengartenWERBUNG
Der Riesling vom Jesuitengarten hat einen Kick mehr
Der Margarethenhof zählt nicht zu den berühmten Weingütern. Aber er besitzt fünf Rebzeilen im Jesuitengarten, was etwa 0,1 Hektar entspricht. Nicht viel, zugegeben. Doch was in den rund 750 Flaschen, die gefüllt werden, ist, hat ein paar Facetten mehr als die Rieslinge von anderen Pfälzer Lagen: hinter den Zitrus- und Pfirsicharomen, die jeder bessere Riesling aufweist, zeigt sich die typische Jesuitengarten-Mineralität, die sich in einer versteckten Rauchtee-Note und einem Hauch von Salzalgen und Austernschale niederschlägt.
Wer gewohnt ist, einfachen Literwein oder fruchtige Kabinette zu trinken, dem mag dieser Unterschied nichts bedeuten (wenn er ihn überhaupt wahrnimmt). Doch Kenner sind bereit, für den Kick, den der Wein ihnen gibt, das Portemonnaie ein bisschen weiter zu öffnen. So kostet die Flasche Jesuitengarten bei Mosbacher zum Beispiel 35 Euro, bei Bassermann-Jordan 39 Euro, bei Acham-Magin 40 Euro, bei Von Winning 51 Euro. Bei Bürklin-Wolf, das seine Jesuitengarten-Parzelle gerade neu bestockt hat und nun zehn Jahre warten muss, bis es den Wein wieder gibt, kostete er zuletzt sogar knapp 100 Euro. Beim Margarethenhof steht der Jesuitengarten für 15 Euro in der Liste.
Die Besonderheiten der Lagen kommen voll zum Ausdruck
Klar: Der Margarethenhof ist nicht so berühmt wie die anderen Weingüter. Er gehört nicht dem elitären Verein Deutscher Prädikatswinzer (VDP) an. Und der Wein besitzt – so ehrlich muss man sein – nicht die Fülle, die Exotik, die Finesse eines Grossen Gewächses, wie es die prominenten Weingüter bieten. An den Rebstöcken hängt bei ihnen im Herbst ein Träublein mehr als bei den berühmten Nachbarn, und bei der Lese geht man im Margarethenhof auch nicht ins Extrem. Aber der Wein wird sauber vinfiziert, so dass die Besonderheiten der Lage voll zum Ausdruck kommen – auch wenn er nur im Edelstahltank statt im grossen Holzfass vergoren und ausgebaut wird.
2016 Forster Jesuitengarten
In fünf Jahren wird er Wein ein grosser, in zehn ein noch grösserer Genuss sein
Noch ist der 2016er Jesuitengarten jung und lässt nur wenig ahnen von dem Potenzial, das in ihm schlummert. Aber Kenner trinken einen Jesuitengarten sowieso frühestens nach fünf Jahren. Dann hat der Wein seine ungestüme, primärfruchtige Phase hinter sich. Der Spannungsbogen zwischen Frucht und Mineralität wird dann deutlicher schmeckbar. Wer einen kühlen Keller hat und die Flaschen ein paar Jahre lagern kann, wird sich, wenn er Geduld hat, zur nächsten Bundestagswahl 2021 einen grossartigen Wein einschenken können. Oder 2026, wenn das letzte Auto mit Verbrennungsmotor von den Strassen verschwunden sein soll.
Das Geld fällt nicht vom Himmel, auch wenn er blau ist
Der Margarethenhof ist ein Familienweingut. Es liegt am Ortsrand von Forst, etwas abseits der rummeligen Weinstrasse mit ihrer „Worscht-“ und Dampfnudelkultur. In den einschlägigen Weinguides ist es nicht gelistet. Man beliefert ein gutes Dutzend Weinhandlungen und Gastronomiebetriebe in Deutschland, präsentiert sich auf regionalen Weinfesten und Events und setzt ansonsten auf die gepflegte Privatkundschaft, die ihren Wein brav am Hof abholt. Die verlangt vor allem süffigen Literwein, pikanten Sauvignon oder Grauburgunder, einen prickelnden Secco, manchmal auch einen Spätburgunder Rotwein oder Traubensaft – für die Kinder. All das hat der Margarethenhof im Angebot. Plus Hochprozentiges. Für zehn Euro können Pfalz-Reisende auch ihr Wohnmobil eine Nacht lang am Margarethenhof abstellen, Stromanschluss inklusive. Vielleicht nehmen die Gäste, so das Kalkül, bei der Gelegenheit ein Kartönchen Wein mit. Das Geld fällt eben nicht vom Himmel, auch wenn er noch so blau ist. Es muss hart erarbeitet werden, haben Franz und Elisabeth Lucas, die Margarethenhof-Winzer, erfahren. Deshalb hatten sie ihrer Tochter Yvonne zum Beispiel geraten, nach dem Abitur zu studieren, Sprachen oder etwas Ähnliches. Sie solle sich nicht so abplagen müssen, wie sie es mussten. Den Hof würde Martin, der Sohn, weiterführen.
Die Zukunft gehört Martin und Yvonne
Martin, 29, absolvierte eine Winzerlehre und ist heute der Jungwinzer auf dem Margarethenhof. Yvonne aber wollte nicht Sprachen studieren. Sie wollte ebenfalls Winzerin werden. Sie lernte wie ihr Bruder das Winzerhandwerk, unter anderem bei Bassermann-Jordan, ging anschliessend zur Uni, um in Geisenheim ihren Bachelor in Önologie zu machen. Dazwischen gab es Praktika in Südtirol, in Kalifornien, in Neuseeland. Heute ist die 31-Jährige tagsüber Kellermeisterin im Weingut der Lebenshilfe in Bad Dürkheim, wo sie mit behinderten Menschen arbeitet. Nach Feierabend ackert sie im Keller des Margarethenhofs.
Ein Weinfass zur Hochzeit
Seitdem sie und ihr Bruder immer mehr Verantwortung übernehmen, liegt der Fokus des Margarethenhofs mehr auf dem hochwertigen Riesling. Die Geschwister wollen alle Möglichkeiten ausschöpfen, die das Weingut besitzt. Denn der Margarethenhof ist nicht nur im Jesuitengarten begütert, sondern auch in den anderen Spitzenlagen von Forst: dem Pechstein, dem Ungeheuer, dem Musenhang – alles legendäre Weinberge. Zur ihrer Hochzeit hat Yvonne schon mal ein neues Holzfass bekommen – für den Spitzenwein. Ihr Mann ist übrigens Italiener. Er heisst Nicola Libelli und ist der Kellermeister von Bürklin-Wolf. Seit der Hochzeit ist der Margarethenhof das einzige Weingut in Forst, in dem am Tag der Offenen Tür zu den Probierweinen Pizza gibt statt Worscht.